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Howto: Wie kreiere ich ein Menü? Teil 2

Im ersten Teil dieses Menü-Howtos haben wir uns mit der Ideenfindung und der Zusammenstellung der Menügröße beschäftigt. Es mag im ersten Moment aufwendig wirken, aber einzelne Ideen aufzugreifen hilft schon, ein Menü runder und spannender zu gestalten. Als nächstes widmen wir uns der Komposition der Gerichte und der Vorbereitung des Menüs mit konkreten Mengenangaben. Wer sich wundert, was das fünfteilige Bild da oben darstellen soll: es zeigt Ausschnitte meines fünfgängigen Menüs, dass ich im Zuge eines Chefkoch-Wettbewerbs (unter dem Pseudonym Iyanna) kreiert habe. Am Ende dieses Posts stelle ich es vor!

Die Komposition

Egal, wie viele Gänge ihr in eurem Menü einplant, wichtig ist, dass sich das Menü geschmacklich steigert. Es gilt: kalt vor warm, Fisch vor Fleisch, leicht vor schwer. Im ersten Moment mag diese Regel einengend klingen, aber in Wahrheit hilft sie uns nur dabei, unser Menü harmonisch zu komponieren. Deswegen beginnen wir mit sanften Aromen und werden im Laufe des Menüs immer kräftiger. Stellt euch vor, ihr startet mit einer Knoblauch-Chilisuppe und serviert anschließend pochierte Forelle. Wie viel würde man vom Forellenaroma noch merken, nachdem man aus allen Poren knofelt? Wahrscheinlich merkt man nach so einer Suppe von keinem Gericht mehr etwas und könnte sich ein aufwendiges Menü gleich komplett sparen. Auch ein saftig gegrilltes Rindersteak passt nicht als Vorspeise vor Garnelen-Pasta. Das Steak ist das Highlight, danach kann nichts mehr kommen, was den Genuss toppt (außer Dessert, das toppt alles ;) ). Zu diesem Höhepunkt führen wir den Gast, der ihn mit Spannung und Freude erwartet und sich danach glückselig zurücklehnen kann.

Ein weiterer guter Tipp ist, keine Zutat doppelt vorkommen zu lassen. Dadurch bringt man automatisch mehr Variation in das Menü. Ich meine damit vor allem die dominierenden Zutaten, die maßgeblich für den Geschmack des Gerichts verantwortlich sind – und nicht Basics wie Zwiebeln oder Knoblauch (außer ihr macht aus ihnen Hauptkomponenten – aber dann bietet sich an, gleich ein komplettes Zwiebelmenü zu gestalten). Wenn ich zum Beispiel Tomaten in der Vorspeise habe, verwende ich sie nicht nochmal im Hauptgang. Zu drei verschiedenen Vorspeisen immer Brot zu reichen ist auch eher langweilig. Dieser Tipp ist natürlich irrelevant, wenn ihr euch eine bestimmte Zutat als Menü-Thema ausgesucht habt. Dass die dann ständig vorkommt, ist logisch.

Bei der Zusammenstellung einzelner Gerichte ist es wichtig, auf Konsistenz und Aromen der einzelnen Komponenten zu achten. Ein Gericht (und damit das ganze Menü) wird spannender und interessanter, wenn es den Sinnesorganen verschiedene Erlebnisse bietet. Knusprige Croutons in einer Suppe, ein süß-scharfes Chutney zum Fleischgang oder Mango-Eis mit heißem Chili-Schokokuchen im Dessert bewirken ein komplett neues Geschmackserlebnis. Deswegen checke ich die einzelnen Gänge immer auf folgende Fragen: Knusprig? Weich? Kalt? Warm? Scharf/Sauer/Süß? Wenn ich die meisten Fragen mit Ja beantworten kann, ist an dem Gericht schon viel richtig.

Aber auch die Wirkung der Farben dürft ihr nicht unterschätzen. Das Auge isst mit, und zwar ziemlich dominant. Deswegen überlege ich bei einem Gericht nicht nur, wie ich verschiedene Konsistenzen und Aromen kombiniere, sondern auch, wie das Ganze optisch was hermacht. Weißer Spargel mit Kartoffeln und Sauce Hollandaise schmeckt zwar lecker, aber ist farblich vor allem eins: weißlich-gelb. Grüner Spargel mit Sauce Hollandaise und Räucherlachs gibt schon ein ganz anderes Bild ab.

Kleine Aha-Erlebnisse verschönern die einzelnen Gänge übrigens, und bieten Mini-Highlights. So kann man zum Beispiel die Kürbissuppe in einem Brotkörbchen servieren oder dem Frühlingssalat essbare Blüten hinzufügen. Solche Kleinigkeiten verwandeln das einfachste Gericht sofort in eine Besonderheit.

Die Vorbereitungen

Bei einem Menü achte ich immer darauf, dass ich so viel wie möglich vorbereiten kann und nur noch wenige Handgriffe zu erledigen habe, wenn die Gäste eintreffen. Unterschätzt die Arbeit nicht. Meist ist am Ende mehr zu tun, als man zuerst dachte. Schnell gerät man dann in Stress und kann den Abend selbst nicht mehr genießen. Das will keiner! Gerade bei 6 oder mehr Gängen ist allein das Anrichten schon so stressig genug, da muss man sich nicht auch noch mit dem auf den Punkt braten von Steaks herumschlagen. (Ja, ich meide Steaks bei Menüs!)

Doch bevor die Vorbereitungen beginnen können, müssen wir erst einkaufen. Die große Frage: welche Mengen muss man einkaufen um alle satt zu bekommen, aber nicht in Resten hoffnungslos zu versinken? Ich habe viele Infos, die zu Mengenangaben im Internet kursieren zusammengetragen und eine Tabelle mit durchschnittlichen Mengenangaben zu einzelnen Portionen erstellt.

Je mehr Gänge ihr in eurem Menü habt, desto kleiner werden die Portionen natürlich. Schließlich sollen die Gäste nicht schon nach der Vorspeise satt sein. Bei einem dreigängigen Menü könnt ihr die Gerichte ruhig größer bemessen. Als Faustregel habe ich gelesen, dass mehr als 750g nur Bauarbeiter oder Familienmitglieder essen. Wenn euer Menü also insgesamt mit 500g-750g Essen pro Person aufwartet, liegt ihr ziemlich richtig.

Bei den eigentlichen Vorbereitungen ist nun wichtig, sich einen groben Schlachtplan zu erstellen. Überlegt euch, was ihr schon einige Tage früher kaufen könnt, damit ihr eure Zeit am großen Tag nicht mit einkaufen vergeudet. Es hilft auch, sich genau anzuschauen, was am Vortag vorbereitet werden kann. Desserts lassen sich in der Regel gut vorbereiten, genauso wie Suppen und Saucen. Auch Terrinen und Parfaits lassen sich Tage vorher herrichten. Ich wähle meine Gerichte grundsätzlich gerne so aus, dass ich den Großteil am Vortag erledigen kann. Am großen Tag erledige ich in der Früh gleich alle Schnippelarbeit. Geputztes Gemüse kann man ohne Probleme in einem feuchten Tuch lagern, bis man es braucht. Kartoffeln, Nudeln, Reis sollte man so früh wie möglich vorkochen, das sind gerne mal Zeitfresser.

So gut vorbereitet kann selbst ein achtgängiges Menü zu einem entspannten Abend für den Gastgeber werden (zumindest verhältnismäßig ;) ).

So, und zum Abschluss mein Frühlingsmenü, damit ihr nach dem ganzen Text auch ein paar Fotos zu sehen bekommt! Eine tolle Inspirationsquelle für saisonale Menüs findet ihr auch auf Chefkoch.

Als Amuse Gueule gab es einen frittierten Selleriechip mit einer Hühnerfarce-Füllung auf einem fruchtigen Radieschen-Apfeltatar und einer Wallnuss-Frühlingszwiebelcreme. In der Meta-Ebene der Menüsprache ergibt das knusprig mit fruchtig-frisch und cremig-scharf.

Die erste Vorspeise: eine zweifarbige Spargelmousse (das man hier leider nicht sieht) im Rohschinkenmantel an Kräutersalat (Brunnenkresse, Blüten, junger Spinat, Sauerampfer, …) mit einer Holunderblüten-Vinaigrette. Eigentlich hatte ich noch ein knuspriges Spargelsegel dazu geplant – und im Koch-Stress komplett darauf vergessen. Deswegen fehlt hier die knusprige Komponente.

Die zweite, warme Vorspeise bildete ein knuspriges Doradenfilet (mit Knoblauch und Vanille) auf Bärlauch-Pinienkern-Risotto mit vanilliertem Fenchel und Rote Bete Stroh. Dieser Gang war definitiv der Aufwendigste, weil ich alles frisch und parallel zubereiten musste. Lustigerweise war er auch der heimliche Höhepunkt des Menüs.

Im Hauptgang gab es Kalbstafelspitz mit zweifarbigem Kartoffeltürmchen (abwechselnd gelbe und lila Kartoffeln) an Erbsen-Zuckerschoten-Gemüse und Kirschchutney. Tafelspitz ist ein toller Menühauptgang. Man kann ihn schon am Vortag sanft und stressfrei kochen und am großen Tag dann einfach nochmal aufwärmen (oder wie man so schön sagt: regenerieren). Das Kartoffeltürmchen wurde eher eine Kartoffelschnitte, schmeckt aber extrem gut (und lässt sich wunderbar einfrieren, wenn man nicht alles braucht). Wenn man das Gemüse durch herbstlichen Kürbis, Porree oder Ähnlichem ersetzt und das Kirschchutney in ein Apfel- oder Quittenchutney umwandelt, wird aus dem Tafelspitz übrigens schnell ein herrliches Herbstgericht.

Mein persönliches Highlight, das Dessert: ein Rhabarbertörtchen (mit weißem Schokoladekuchen) an marinierten Erdbeeren (Pfeffer und Limoncello) und Valrhona-Schokoladetupfen. Statt Schokoladetupfen würde ich das nächste Mal einen Butterkaramell-Fächer dazu kombinieren.

Die Rezepte zum Frühlingsmenü findet ihr hier: Frühlingsmenü PDF. Dem nächsten großen Gelage steht nichts mehr im Weg! :)

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